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Pazifik | Sicherheitspakt mit China: Salomonen verteidigen das Abkommen


Link [2022-06-21 00:01:05]



Als im März bekannt wurde, dass der Inselstaat ein Sicherheitsabkommen mit China geschlossen hat, führte das zu einem Aufschrei im Westen. Aber sind die Sorgen überhaupt berechtigt?

Der Sicherheitspakt zwischen den Salomonen und China sei notwendig für die innere Sicherheit und den Kampf gegen den Klimawandel. So verteidigt ein leitender Beamter des Pazifikstaats unter Verweis auf die Bündnisfreiheit seines Landes das Abkommen, von dem die westliche Welt überrascht war.

In seinem ersten Interview seit dem Durchsickern des Abkommens zwischen China und den Salomonen sagte Collin Beck, Staatssekretär für auswärtige Angelegenheiten der Salomonen, gegenüber dem Guardian zudem, Australien müsse sich fragen, ob seine Kritik an dem Abkommen den Salomonen gegenüber „fair" war.

Beck, der an der Verhandlung des Pakts mit China beteiligt gewesen sein soll, verteidigte ihn so umfassend wie bisher kein anderer hochrangiger Regierungsvertreter. Das Abkommen sei in Bezug auf notwendige Entwicklungen des Pazifikstaats und die Abwehr von „Bedrohungen der inneren Sicherheit“ konzipiert worden.

Die Salomonen stünden vor großen innerpolitischen Herausforderungen: Die Bevölkerung wächst schneller, als es die Wirtschaft verkraften kann. „Wenn wir uns die Probleme für die Sicherheit im Land angucken, sehen wir eine junge Bevölkerung; 18.000 junge Leute, die jedes Jahr Arbeit suchen.” Chronische Arbeitslosigkeit sowie die Frustration mit der Politik und Führung von Premierminister Manasseh Sogavare werden für die Unruhen in der Hauptstadt Honaria im vergangenen Jahr verantwortlich gemacht. Drei Menschen kamen dabei ums Leben.

Es wird keinen chinesischen Militärstützpunkt auf den Inseln geben

Laut dem im März geleakten Entwurf des Abkommens können die Salomonen „Polizei, bewaffnete Polizei, Militärpersonal und andere Ordnungskräfte“ bei China anfordern. Als Gründe werden beispielsweise die „Erhaltung der Gesellschaftsordnung“ und „der Schutz des Lebens von Menschen und deren Besitz“ genannt. Oppositionspolitiker:innen haben Bedenken geäußert, die Regierung könnte chinesische Polizist:innen und Militär nutzen, um demokratischen Widerspruch zu unterdrücken und an der Macht zu bleiben.

Beck zufolge sind die Maßnahmen aber nur als allerletztes Mittel gedacht: „Wir müssen um jeden Preis vermeiden, eine der Sicherheitsvereinbarungen in Anspruch zu nehmen.“ Entgegen internationaler Befürchtungen sei keine Militärpräsenz Chinas im Land geplant. „Mit der Einrichtung eines Militärstützpunktes hat es nichts zu tun“, versicherte Beck. Bedenken waren laut geworden, weil der Entwurf des Abkommens China das Recht auf, „Anlandung per Schiff, logistisch bedingte Versorgung, Zwischenaufenthalte und Transit auf den Salomonen“ einräumt.

Laut Beck sollte der Fokus der Aufmerksamkeit aber eigentlich nicht auf dem Sicherheitspakt mit China liegen, sondern auf den Ursachen für die Instabilität im Land. Es sei, als kritisiere man die Wahl der „Feuerwehrstation“, an die sich das Land im Fall einer Katastrophe um Hilfe wendet, anstatt nach den Ursachen zu suchen.

„Eigentlich sollten wir darüber reden, wie das Feuer zu verhindern ist“, forderte er. „Sicherheit und Entwicklung sind zwei Seiten der gleichen Medaille. Jetzt müsse wir uns unserer Entwicklungsagenda zuwenden... Die Salomonen sind vor allem ein kleines Insel-Entwicklungsland. Es besteht eine reale Gefährdung durch den Klimawandel.” Schon fünf Inseln gingen dem kleinen Staat in den vergangenen Jahren an den steigenden Meereswasserspiegel verloren, alles bewachsene Riffinseln von beträchtlicher Größe.

Bereits fünf Inseln sind durch die Klimakrise verschwunden

„Wir bewegen uns praktisch auf 2,7 bis drei Grad globale Erwärmung zu. Oder sogar mehr als drei Grad. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass viele unserer Inseln versinken. Es bedeutet Auswirkungen auf die Wirtschaft, auf den Tourismus, auf die Fischereibranche und so weiter. Selbst wenn man allein den Klimawandel betrachtet, ist mehr Partnerschaft notwendig, nicht weniger.”

Die große internationale Aufmerksamkeit, die das Abkommen ausgelöst hat, hält Beck für nicht gerechtfertigt. „Niemand guckt sich andere Verträge in der Region an. Die Frage ist, warum?“, sagte er. „Im Pazifikraum gibt es verschiedene Bündnisse, die über den Pazifik sprechen, statt mit ihm.“ Als Beispiele nannte er die Quad-Gruppe bestehend aus den USA, Australien, Indien und Japan sowie die Geheimdienstallianz „Five Eyes“, zu der Kanada, Neuseeland, Australien, die USA und Großbritannien gehören.

„In internationalen Beziehungen sind Gleichberechtigung und Fairness sehr wichtig. Wenn es also für andere gut ist, ihre nationalen Sicherheitsinteressen zu verfolgen, und wir dann dasselbe tun und so kritisiert werden, müssen wir wirklich einen Schritt zurücktreten und uns fragen: Hat man von australischer Seite die Salomonen wirklich fair behandelt?“

Öffentlich ist der Text bisher trotzdem nicht

Seinem Eindruck nach ist der Blick auf das große Ganze verloren gegangen: „Wir haben immer wieder erklärt, dass die Sicherheitsvereinbarungen mit China ähnlich sind. Wir haben bereits einen Sicherheitsvertrag mit Australien. Außerdem gibt es einen regionalen Sicherheitsverbund innerhalb des Pazifiks.”

Trotz starkem Drängen seitens Abgeordneter der Opposition und der Medien ist der finale Text des Abkommens bisher nicht öffentlich. Gefragt, ob die Regierung eine Veröffentlichung plane, antwortete Beck: „Es handelt sich um eine Vereinbarung zwischen Regierungen, genauer gesagt zwei Staaten. Die Frage, ob sie veröffentlicht werden soll, müssen die beiden Regierungen gemeinsam erörtern.”

Das Abkommen basiere jedenfalls auf Gleichheit, Respekt der Souveränität und Nichteinmischung in die internen Angelegenheiten beider Staaten. „Auf eins möchte ich noch hinweisen: Unsere Sicherheitszusammenarbeit mit China respektiert auch den atomfreien Pazifik um die Salomonen.“

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